Galerie Gerhard Grabsdorf

Ausstellung „Die Ästhetik des Seriellen in der Kinetik“ in der Galerie Gerhard Grabsdorf, München (2020)

Willi Reiche widmet sich seit 1998 ausschließlich der kinetischen Kunst. Insbesondere bei seinen Werken neueren Datums verfolgt er mit der Verwendung gleicher Bestandteile häufig das Prinzip serieller Anordnungen; durch die Wiederholung und Reihung identischer oder ähnlicher Formen entsteht jedoch keine eintönige Uniformität, sondern Reiche konstruiert Gefüge, die zwar einem gewissen Ordnungsmuster unterliegen, eine Konstante widerspiegeln, zugleich aber Variationen zulassen; als wandlungsfähiges Objekt und tänzelndes Schattenspiel.

Diese Anordnungen provozieren einen unmittelbaren Vergleich: Sind die seriellen Bestandteile beliebig austauschbar oder verfügen sie, jedes für sich, über eine Individualität, der besondere Aufmerksamkeit gebührt? Nimmt der Betrachter zuerst die einzelnen Varianten wahr oder erfasst er zunächst das kinetische Gebilde als systematisch angelegtes Gesamtwerk?

Neben dieser erwünschten Reflexion spielt für Reiche die Ästhetik des Seriellen eine wesentliche Rolle. Ob in linearer Reihung auf einer Höhe (wie etwa bei den Kunstmaschinen „Gebetsmühle II“ und „Dancing Devils“) oder versetzt gegenüberliegend auf verschiedenen Ebenen (wie beispielsweise bei „Luminaire“, „Kat Kat“ und „Vierklang“) – die Wiederholungen gleichartiger Elemente verleihen den Kunstmaschinen eine ungewohnte, charakteristische Ästhetik, die das kinetische Gefüge zu neuartigen Objekten ganz eigener Prägung werden lassen. So entsteht etwa aus insgesamt sieben senkrechten, symmetrisch angeordneten Bügelmulden, die aus einer größeren Heißmangel und sechs kleineren Walzenbügelmaschinen stammen, eine kinetische Skulptur, deren Formensprache an Stilmerkmale des Art déco erinnert und Assoziationen zu den „Goldenen 1920er Jahren“ hervorruft. Diese Komposition betitelt Reiche angesichts ihrer Bestandteile und der grafischen Wirkung augenzwinkernd als „Bügelpalast“.